Was ist Systemische Selbst-Integration und was kann sie bewirken?

ÜBERLEBENS-MODUS

Viele kennen das unangenehme Gefühl, nur zu überleben – statt zu leben!

  • Statt eines gesunden, „intrinsischen“ Selbstwertgefühls haben sie ein extrinsisches Selbstwertgefühl, das heisst
  • Sie machen ihren Selbstwert, und damit sich selber abhängig von Leistung, Besitz, Konsum und von der Anerkennung durch Andere.
  • Sie glauben, perfekt sein zu müssen, es allen Recht machen zu müssen – und sie fühlen sich dann noch schuldig und schlecht, wenn ihnen nicht gelingt, was ja gar nicht gelingen kann.
  • Sie tendieren dazu, eigene Bedürfnisse und eigene Gefühle – Angst, Wut – zu negieren, zu unterdrücken.
  • Sie orientieren sich mehr nach den Bedürfnissen und Erwartungen der Anderen – statt nach den Eigenen.
  • Sie „verhungern am gedeckten Tisch“: einerseits sehnen sie sich nach bedingungsloser Liebe – und dann können sie diese nicht annehmen, weil sie zweifeln: Meint der andere es ehrlich? Bin ich es wert, geliebt zu werden?
  • Sie stehen ständig unter Druck und Stress – statt frei und zufrieden zu sein.
  • Sie tendieren zu Erschöpfung und Resignation.
  • Sie leiden unter Stress-bedingten Störungen: Herz/Kreislauf, Eßstörungen, Magen-Darm, Skelett/Muskel-Erkrankungen
SELBSTWERT UND SELBST-BESTIMMUNG

Viele Betroffene kennen diese Symptome und haben vielleicht „Spezialisten“ deswegen aufgesucht, die ihnen die verschiedensten Diagnosen genannt, komplizierte Behandlungen vorgeschlagen haben – ohne jedoch anhaltende Besserung zu finden.

Alle diese Symptome haben eine gemeinsame Ursache:

ein geringes Selbst-Wertgefühl.

Daher die Tendenz, sich mehr nach Aussen, nach den anderen zu orientieren – statt nach dem eigenen Wesen, nach dem eigenen SELBST.
Und die Ursache liegt – wie viele schon immer vermutet haben – in belastenden Erfahrungen der Kindheit. Das war die Realität ihrer Kindheit.
Das sind die vielen kleinen – oder grösseren – Abwertungen, Überforderungen, Verluste, seelische und körperliche Verletzungen, die ein Kind in seiner Familie erlebt hat – ohne sich dagegen wehren zu können. Von Eltern, die selber traumatisiert und ebenfalls im Überlebensmodus waren.
Um zu überleben haben sie sich an diese Realität angepasst. Sie haben die belastenden Erfahrungen ihrer ersten Beziehungen verinnerlicht und daraus ein Überlebens-Selbst entwickelt. Da es mit ihrem „wahren Selbst“ unvereinbar ist, nennen wir es „falsches“ Selbst.
Ihre aktuellen Probleme rühren daher, dass sie sich noch heute nach diesem falschen Überlebens-Selbst orientieren, so als hätten sie ihr damaliges Überlebensprogramm gespeichert. So tragen sie selber unbewusst mit dazu bei, dass sich die belastenden Beziehungsmuster der Kindheit wiederholen.
Und dieses Überlebens-Programm geben sie weiter an ihre Kinder. Selbst wenn sie sich bemühen, es ganz anders – natürlich viel besser! – zu machen als ihre Eltern.

Als Arzt für Seelenheilkunde verwende ich seit 25 Jahren die Aufstellungs-Methode. Sie erwies sich als unerwartet fruchtbar, um die Beziehungsmuster meiner Klient*innen zu untersuchen und zu verstehen. Dabei orientierte ich mich weniger an bekannten Theorien sondern an meiner Wahrnehmung, meiner Intuition und lernte, Hypothesen zu bilden und sofort auf ihre Stimmigkeit überprüfen.

Es zeigte sich, dass das Aufstellungsbild das gespeicherte Überlebensprogramm der Klient*in wiederspiegelte. Wenn eine Klient*in ihre Beziehung aufstellte, mit Symbolen für ihr „Ich“ (Fokus), eine Bezugsperson und ihr „wahres Selbst“, dann konnte sie selber erkennen, dass ihr die Bezugsperson – mit ihren Bedürfnissen und Erwartungen – näher war als ihr eigenes Selbst.

Das erklärte ihre Tendenz, sich mehr nach den Erwartungen und Ansichten anderer zu orientieren, als an den eigenen. Ihre Tendenz, sich mehr für die Bedürfnisse anderer zuständig zu fühlen – als für die eigenen.

Das waren Aspekte ihrer Überlebensstrategie in ihren frühen Beziehungen. Dazu gehörte eine fehlende Unterscheidungsfähigkeit zwischen dem Eigenen – und dem Fremden. Sie konnte nicht lernen, eigene Grenzen wahrzunehmen und vor anderen zu schützen, bzw. fremde Grenzen wahrzunehmen und zu respektieren. So konnte sie nicht die Erfahrung machen, einen eigenen Raum zu besitzen. Einen Raum in den nur das hinein gehört, was mit ihrem Wesen vereinbar ist, und in dem nur sie selber zuständig ist.

Es gab also offenbar einen gesetzmässigen Zusammenhang zwischen extrinsischem Selbstwert, fehlender Abgrenzung (Aggressions-“Verbot“) und fehlender Autonomie.

So konnte sie nicht die Erfahrung machen, einen eigenen Raum zu besitzen. Einen Raum in den nur das hinein gehört, was mit ihrem Wesen vereinbar ist, und in dem nur sie selber zuständig ist. Sie konnte – bildlich gesprochen – nicht Kapitän auf dem eigenen Boot sein.

Wäre es möglich, die Klient*in an ihr Recht auf ein eigenes Selbst und einen eigenen Raum zu erinnern, damit sie die Erfahrung machen kann, in diesem eigenen Raum mit sich selber verbunden zu sein, kongruent und authentisch zu sein?

Die symbolische Ebene der Aufstellung bot die Möglichkeit, diese Hypothese durch ein derartiges „Probehandeln“ zu überprüfen. Dabei zeigte sich, dass Abgrenzung und Selbst-Verbindung für die Klient*innen sich häufig als „verboten“ anfühlten, so als sei das „egoistisch“ oder „lieblos“.

Das verstand ich als Folge einer Konditionierung durch ihre ersten Beziehungserfahrungen. Wenn die Klient*in bereit war , diese inneren Widerstände zu überwinden, dann könnte sie vielleicht diese Konditionierung löschen?

So entstand eine Reihe von gezielten Interventionen, um die Abgrenzungsfähigkeit, aber auch den Respekt für die Abgrenzung des Gegenübers („Gegenabgrenzung“) einzuüben.

Nach einem derartigen „Training“ berichteten die Klient*innen regelmässig, dass ihre Selbstwert- und Beziehungs-Probleme geringer wurden. Ohne besondere Anstrengung, wie von selber.

War durch dies Training das erlernte und gespeicherte Beziehungsmuster verändert worden?

Das konnte durch den Autonomie-Fragebogen überprüft werden. Die ermittelten Punktwerte werden übertragen in ein Diagramm. So kann die aktuelle Ausprägung wichtiger Autonomie- und Symbiose-Aspekte quantitativ erfasst werden. Eine Wiederholung zwei bis drei Wochen nach einer Trainings-Sitzung zeigt dann, ob und wie sich die Werte verändert haben.

Diese Zusammenhänge und die Anwendungsmöglichkeiten bei Beziehungsproblemen und psychischen Erkrankungen sind ausführlich beschrieben in Langlotz, Symbiose in Systemaufstellungen 2015 Springerverlag.

Systemische Selbst-Integration nach LANGLOTZ – Einführende Präsentation (Oktober 2017) >>

Inzwischen habe ich – zusammen mit Philipp Kutzelmann – das Konzept weiter entwickelt, sodass es für die Bearbeitung früher Beziehungs-Traumata angewendet werden kann. Das kann bekannte Traumata betreffen. Ausgehend von einem aktuellen Problem kann durch die Aufstellung aber auch gezielt das relevante Trauma herausgefunden und bearbeitet werden, welches gerade getriggert wurde.

Video Online-Trauma-Aufstellungen mit Figuren >>

Das Konzept kann sowohl in Präsenz mit Stellvertretern, aber auch mit Holzklötzchen ONLINE angewendet werden, in Einzel-oder Gruppensitzungen. Beispiele dafür finden sich auf dem Youtube Kanal. Es ist so klar und übersichtlich, dass man es sogar selber nach Anleitung – „Do it Yourself“ – oder parallel zu einem Aufstellungsvideo mit Holzklötzchen anwenden kann. Das nennen wir „Schattensegeln“.